PNP034 – Im Grunde gut: Warum Menschen mehr soziale Wölfe als Egoisten sind

Coverbild zur Episode PNP034

Sind Menschen im Kern egoistisch, oder handeln wir im Grunde gut?

In dieser Episode des Potentiale Nutzen! Podcast diskutieren Konstantin Kowalski und Stephan Buchhester über das Menschenbild, Vorurteile und psychologische Experimente, die unsere Vorstellungen prägen.

Ausgangspunkt ist eine provokante Beobachtung: Verhalten wir uns wirklich rücksichtslos – oder übersehen wir oft, dass unsere Mitmenschen gute Gründe für ihr Handeln haben könnten?


Alltagssituationen: Wenn Ärger den Blick verstellt

Konstantin erzählt eine Begebenheit mit einem E-Scooter: Obwohl er Vorfahrt hatte, raste ein Autofahrer mit quietschenden Reifen knapp vor ihm vorbei. Sein spontaner Gedanke: „Wenn die mal drei Tage kein Geld hätte, wäre mir das auch egal.“

Stephan berichtet von einer eigenen Erfahrung: Als er mit seinem Sohn im Notfall ins Krankenhaus fuhr, raste er mit überhöhter Geschwindigkeit durchs Dorf. Ein Fußgänger verurteilte ihn sofort – ohne zu wissen, dass ein medizinischer Notfall vorlag.

Beide Beispiele zeigen: Oft verurteilen wir Verhalten, ohne die Hintergründe zu kennen. Der Gedanke an die Fabel der zwei Wölfe passt hier gut: In uns kämpfen ein guter und ein egoistischer Wolf – derjenige, den wir füttern, bestimmt unser Handeln.


Der Mythos vom „bösen Menschen“

In der Psychologie halten sich bis heute viele Theorien, die den Menschen als egoistisch oder grausam darstellen. Ein bekanntes Beispiel ist das Milgram-Experiment, bei dem Probanden angeblich bereitwillig Stromstöße an andere verabreichten, nur weil sie dazu aufgefordert wurden.

Doch neuere Analysen zeigen: Viele Teilnehmende glaubten gar nicht, dass die Stromstöße echt waren. Auch historische Untersuchungen, etwa zu napoleonischen Schlachten, belegen: Viele Soldaten schossen absichtlich daneben oder luden Gewehre mehrfach, um nicht töten zu müssen. Das spricht für ein Menschenbild, in dem Zurückhaltung und Mitgefühl stärker sind als blinder Gehorsam.


Warum wir trotzdem an den „bösen Menschen“ glauben

Trotz solcher Belege dominiert oft die Vorstellung, Menschen seien egoistisch oder rücksichtslos. Warum?

  1. Mediale Verzerrung: Soziale Medien zeigen Hochglanzbilder von Luxus, Erfolgen und Perfektion. Wer mithalten will, erlebt sich schnell als defizitär.
  2. Vergleichsdruck: „Du kannst alles schaffen, wenn du nur willst“ – ein trügerisches Narrativ, das Menschen in Frustration und Selbstzweifel treibt.
  3. Konsumlogik: Aus Defiziten entstehen Bedürfnisse. Wer sich minderwertig fühlt, kauft mehr Produkte, um sich „aufzuwerten“.

Stephan bringt es auf den Punkt: „Wir werden in eine Situation gedrängt, in der wir uns ständig defizitär erleben – und genau das erzeugt den Druck, unsoziale Wege zu gehen.“


Konsistenz: Warum wir uns selbst immer „gut“ reden

Interessant ist, dass Menschen ihr eigenes Verhalten fast immer positiv erklären. Niemand sagt: „Ich war zu faul, mein Auto zu prüfen.“ Stattdessen rechtfertigen wir uns mit plausiblen Erklärungen („Ich habe es ja heil abgestellt“). Psychologisch nennt man das kognitive Dissonanzreduktion: Wir halten es kaum aus, uns selbst als „schlecht“ zu sehen – und suchen deshalb nach guten Gründen.

Die spannende Frage: Gestehen wir unseren Mitmenschen dieselbe milde Bewertung zu? Oder bleiben wir bei schnellen, negativen Zuschreibungen?


Alltagsbeispiel: Erziehung und vorschnelles Urteilen

Konstantin erzählt von einer Alltagsszene mit seinen Kindern: Nach einem nicht gespülten Toilettengang beschuldigte er zunächst die ältere Tochter, nur um später festzustellen, dass die jüngere verantwortlich war.

Die Lektion: Schnelle Urteile können verletzen. Entscheidend ist, ob wir den Fokus auf Schuld suchen – oder auf den erzieherischen Moment, der die Zukunft verbessert.


Plakative Etiketten statt differenzierter Wahrnehmung

In einer komplexen Welt greifen wir gern zu einfachen Labels:

  • SUV-Fahrer = Umweltsünder
  • Lastenrad = ökologisch vorbildlich

Solche plakativen Zuschreibungen entlasten uns von der Mühe, genauer hinzusehen. Doch sie verhindern auch Empathie und verstärken Vorurteile.

Stephan fasst zusammen: „Ich glaube, dass Menschen im Grunde gut sind – aber wir leben in einer Zeit der Überforderung, in der plakativen Etiketten oft mehr Beachtung geschenkt wird als echten Hintergründen.“


Fazit: Den richtigen Wolf füttern

Diese Episode zeigt: Menschen sind nicht per se böse. Vieles spricht dafür, dass wir von Natur aus sozial, hilfsbereit und fürsorglich sind. Was unser Handeln verzerrt, sind Defiziterleben, Überforderung und vorschnelles Urteilen.

👉 Psychologische Tipps aus der Folge:

  • Hinterfrage deine Urteile: Könnte es einen guten Grund geben?
  • Erkenne deine eigenen Rechtfertigungsmuster – und gönne sie auch anderen.
  • Sei vorsichtig mit Etiketten: Sie sagen oft mehr über dich aus als über andere.
  • Entscheide bewusst, welchen „Wolf“ du fütterst.

Höre jetzt rein!

Höre unbedingt in diese Episode rein, teile den Podcast gerne mit Freunden und Familie oder sende uns dein Feedback und Themenvorschläge an hallo@potentiale-nutzen-podcast.de.


Hier ist der Player für diese Episode:


🎧 Höre jetzt unseren Podcast auf:


Thematisch passende Artikel